In Zeiten von Corona ist Menschlichkeit eine Notwendigkeit

Am 29. April 2020 beschloss der Stadtrat Lindau einstimmig, die Stadt Lindau sei „sofort bereit, in Koordination mit dem Landratsamt Lindau umgehend 50 zusätzliche Flüchtlinge von den griechischen Inseln in der Ägäis, vordinglich Kinder und Jugendliche mit ihren Eltern, bzw. allein stehende Kinder und Jugendliche zu sich in die Stadt Lindau aufzunehmen und zu betreuen.“ Dies wäre für Lindau ein vorübergehender Bevölkerungszuwachs von 0,2 Prozent.

Inzwischen möchte einer der neuen Stadträte mit Antrag vom 16. Mai 2020, dass dieser ethisch vorbildliche Beschluss nicht ausgeführt wird. Wissend, dass die dadurch entstehenden Kosten zum größten Teil aus Mitteln des Bundes- und Landeshaushaltes bezahlt werden müssten und nicht von der Stadt Lindau, wird vorgeschlagen, stattdessen u.a. verstärkt in den Fluchtländern Hilfsprojekte zu unterstützen. Der Antragsteller weiß ebenfalls, dass dies den in den Flüchtlingslagern auf den Ägäisinseln darbenden und akut gefährdeten Flüchtlingen nicht helfen würde. Solch eine Haltung ist zynisch und betreibt das altbekannte Spiel, eine Flüchtlingsgruppe gegen eine andere ausspielen zu wollen, um am Ende möglichst keinem der in Armut und Gefahr getriebenen Menschen helfen zu müssen.

Empörend ist hierbei auch, dass das Hauptamt der Stadt Lindau dem Stadtrat für dessen Sitzung am 24. Juni 2020 hierzu vorschlägt, dem Antragsteller in seinem Zynismus inhaltlich zu folgen und zu beschließen, dass der Stadtratsbeschluss vom 29. April nicht ausgeführt wird, wodurch das Ziel des Antragstellers als „diesbezüglich erledigt“ betrachtet werden könne.

Mitmenschlichkeit, Humanität und die Orientierung an der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen spricht aus solchen Gedanken nicht. Eher erinnern derartige Auffassungen an einen mittelalterlichen Ablasshandel: Wir geben etwas Geld, um uns nicht selbst an der Beendigung der himmelschreiende Not Unschuldiger praktisch beteiligen zu müssen.

Die Lindauer Stadtratsmehrheit ist aufgefordert, derartig unglaubwürdigem Verhalten in seiner kommenden Sitzung am 24. Juni 2020 eine Abfuhr zu erteilen.

 

Die LINKE im Landkreis Lindau